Deutsche ExportDie deutsche Exportwirtschaft eilt von Rekord zu Rekord. Im vergangenen Jahr wurde mit einem Volumen von mehr als 1,2 Billionen Euro ein neuer Spitzenwert erreicht. Auch die ersten Monate dieses Jahres sehen nicht schlecht aus. Die Chancen, dass Deutschland dieses Jahr erneut Exportweltmeister wird, sind recht gut. Alleine im ersten Quartal sind die deutschen Exporte schon wieder um 8,5 Prozent gewachsen.

Es scheint also derzeit wenig Anlass für Klagen zu geben. Dennoch ist der deutsche Export-Himmel nicht wolkenlos. Es sind weniger wirtschaftliche Daten und Entwicklungen, die Anlass zur Sorge geben, als einige politische Unwägbarkeiten. Sie betreffen besonders wichtige Handelspartner, auch wenn deutsche Exporte in mehr als 200 Länder und Gebiete der Welt gehen. Diese breite Streuung hilft aber wenig, wenn einige “Schwergewichte” Probleme machen. Die Türkei, die USA, Großbritannien und Russland sind die Sorgenkinder deutscher Exporteure. Hier ein Überblick.

Unkalkulierbares Risiko – die Türkei unter Erdogan

Besonders schwierig scheint aktuell der Fall Türkei. Ein Jahr nach dem Putsch steuert Präsident Erdogan einen immer autokratischeren Kurs. Das Verhältnis zur Bundesrepublik hat sich dramatisch verschlechtert und taumelt von Tiefpunkt zu Tiefpunkt. Lange schien das – vom Tourismus abgesehen – die Wirtschaftsbeziehungen nicht zu sehr zu belasten. Doch das hat sich nach der Inhaftierung mehrerer Bundesbürger geändert. Außenminister Gabriel hat jetzt einen härteren Kurs gegenüber der Türkei angekündigt.

Damit stehen auch die Hermes-Bürgschaften des Bundes für Türkei-Exporte auf dem Prüfstand. Sie umfassten alleine in den ersten sechs Monaten dieses Jahres rund 680 Mio. Euro. Die Exporte an den Bosporus befinden sich – gegen den sonstigen Trend – ohnehin schon im Sinkflug. Schuld ist bislang vor allem die schlechtere Wirtschaftslage im Land. Dieses Jahr wird mit einem Export-Minus von über zehn Prozent gerechnet. Wenn die Bürgschaften ausgesetzt würden, wäre das eine weitere Belastung.

Der neueste Aufreger war eine Liste von rund 700 deutschen Unternehmen, die seitens der Türkei angeblich der Terrorfinanzierung verdächtig sind, darunter namhafte Größen wie Daimler oder BASF. Zwar machten die türkische Regierung inzwischen einen Rückzieher. Doch die Verunsicherung bleibt. Um Türkei-Investitionen dürften deutsche Unternehmen erst einmal einen großen Bogen machen.

Erratischer Kurs – die USA unter Donald Trump

Seit einem guten halben Jahr ist Donald Trump nun amerikanischer Präsident. In den ersten Wochen seiner Amtszeit plagten Exporteure vor allem Ängste vor einem neuen US-Protektionismus. Schimpfkanonaden Trumps auf den deutschen Handelsbilanzüberschuss und deutsche Autohersteller ließen Befürchtungen in dieser Hinsicht ebenso wachsen wie die Androhung von Strafzöllen für die deutsche Stahlindustrie.

Doch den großen Worten sind bislang nur wenig Taten gefolgt. Auch bei seinen vollmundig angekündigten Reformen für mehr Wachstum bleibt der US-Präsident die Umsetzung nach wie vor schuldig. In den Vereinigten Staaten macht sich Enttäuschung breit und schlägt sich mittlerweile in nicht mehr ganz so positiven Wirtschaftsdaten nieder, auch wenn die US-Konjunktur immer noch robust ist. Das lässt den Dollar schwächeln und den Euro erstarken – keine gute Nachricht für deutsche Exporte in die USA, denn die werden teurer. Einbrüche hier schmerzen wirklich, denn die USA sind Deutschlands größter Kunde.

Zäher Brexit – “a dead woman walking” regiert Großbritannien

Die deutschen Exporte ins Vereinigte Königreich – dem drittwichtigsten deutschen Handelspartner – sind im ersten Quartal 2017 um drei Prozent zurückgegangen. Schuld war vordergründig das schwache Pfund, dass seit dem Brexit-Entscheid 15 Prozent gegenüber dem Euro nachgegeben hat. Das machte deutsche Güter auf dem britischen Markt preislich unattraktiver.

Noch schwerwiegender als die ungünstige Währungsrelation lastet aber die Unklarheit über den Brexit über den deutschen Exporten auf die Insel. Seit der überraschenden Niederlage von Theresa May bei den Unterhauswahlen im Juni gilt diese als politisch Untote. Ihre Gegner arbeiten im Hintergrund. Eine Strategie Großbritanniens bei den EU-Austrittsverhandlungen ist nach wie vor nicht erkennbar – man schwankt zwischen hartem und weichen Brexit. Dabei läuft die Zeit davon.

Das Horror-Szenario wäre wohl ein ungeordneter Brexit ohne Verhandlungsergebnis, das für eine massive Unsicherheit sorgen dürfte und nicht ohne negative wirtschaftliche Folgen bleiben würde – auch für deutsche Exporte. Je länger der Zustand der Ungewissheit dauert, umso schädlicher ist das.

Russland – unter der Last der Sanktionen

Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Russland leiden bereits seit Längerem unter den Sanktionen wegen der Krim-Annexion. Deren Aufweichung ist nicht in Sicht, solange Putins Kurs sich nicht ändert. Die USA setzen jetzt sogar noch eins obendrauf mit eigenen Sanktionen – vordergründig wegen der Krim und Syrien, tatsächlich wohl aber, um den russischen Energielieferungen nach Europa zu schaden.

Für die deutsche Exportwirtschaft sind das keine guten Rahmenbedingungen. Immerhin erwartet man für dieses Jahr nach vier Jahren Rückgang wieder einen Aufschwung. Er ist der Konsolidierung der russischen Wirtschaft, mehr Öleinnahmen und einem stabileren Rubel zu verdanken. Doch Russland bleibt trotz großer Potentiale als Exportmarkt schwierig.