In der Öffentlichkeit noch wenig registriert, vollzieht sich bereits seit Längerem ein erstaunlicher Wandel im internationalen Luftverkehr. Trotz Krisenherden und mancher politischen Unsicherheiten entwickeln sich der Nahe Osten und die Arabische Halbinsel immer mehr zu einer globalen Drehscheibe für Flüge.
Deutsche Airports und Airlines haben im harten internationalen Wettbewerb dagegen zusehends das Nachsehen. Bisher ist vor allem der Passagierverkehr betroffen, die Luftfracht könnte folgen.
Europäische Flughäfen verlieren Drehkreuz-Funktion
Früher wurden vor allem europäische Flughäfen als Drehkreuze im internationalen Luftverkehr genutzt. Inzwischen verschieben sich die Gewichte aber zunehmend zugunsten von Airports wie Istanbul, Dubai, Doha oder Abu Dhabi. Zwar wachsen auch die europäischen Flughäfen immer noch. So legte der Frankfurter Airport ebenso wie London-Heathrow über vier Jahre betrachtet um 12 Prozent zu. Gegenüber den Flughäfen im Nahen Osten nimmt sich das Wachstum aber bescheiden aus. Doha wuchs dabei am schwächsten mit ‘nur’ 48 Prozent, Spitzenreiter war Abu Dhabi mit einem Plus von 83 Prozent.
Das starke Wachstum hängt auch mit dem starken Expansionskurs und Erfolg arabischer Fluggesellschaften in den letzten Jahren zusammen. Sowohl europäische Touristen als auch Geschäftsreisende nutzen inzwischen gerne Airlines aus dem Nahen Osten für ihre Flüge. Und die führen bei Langstreckenzielen in der Regel über die jeweiligen Heimatflughäfen auf der arabischen Halbinsel. Dass es sich dabei um islamische Länder handelt, ist beim Umsteigen offenbar kein Hinderungsgrund. Da schrecken eher schon häufige Streiks bei heimischen Airports und Fluglinien. Nirgendwo auf der Erde wachsen Airlines derzeit so dynamisch wie im Nahen Osten. Die Passagierzahlen von Airlines wie Etihad oder Emirates haben sich in einem Vierjahreszeitraum um 65 Prozent erhöht.
Nicht sicher – bessere Lage bei der Luftfracht
Etwas besser sieht das Bild derzeit noch bei der Luftfracht aus. Deutsche Flughäfen sind hier mit einem Transportvolumen von 4,4 Mio. Tonnen im vergangenen Jahr immer noch die Nummer 1 in Europa. Die bei weitem größten Mengen werden dabei über Frankfurt umgeschlagen, gefolgt von Leipzig und Köln/Bonn. Auch in diesem Jahr rechnen die deutschen Airports mit einem guten Wachstum von 2,7 Prozent.
Die Luftfracht profitiert dabei derzeit auch von dem gesunkenen Ölpreis. Unsicherheiten sind vor allem durch die weltwirtschaftliche Entwicklung bedingt. Luftfracht-Transport ist ein stark konjunturabhängiges Geschäft. Der Welt-Luftfahrtverband IATA sieht Risiken vor allem durch eine Konjunkturabschwächung in Afrika und Asien. Insbesondere die chinesische Wirtschaftsentwicklung macht den Experten Sorgen. Das Wachstum bleibt hier unter den Erwartungen der Regierung, liegt aber immerhin noch bei mehr als sieben Prozent.
Arabische Konkurrenz auf der Überholspur
Bei der Luftfracht besteht daher ebenfalls kein Anlass, sich auszuruhen. Denn auch hier holt die arabische Konkurrenz mächtig auf. Ein Beispiel dafür ist der größte Flughafen der arabischen Halbinsel, Dubai. Dessen Luftfracht-Volumen lag um die Jahrtausendwende noch bei gut 560.000 Tonnen. 2013 waren es bereits mehr als 2,4 Mio. Tonnen. Auch hier findet also eine Aufhol- und Überholjagd statt. Die Zeiten für deutsche Flughäfen und Airlines werden spürbar härter.